gebiunde, gebünde, gebunt
F.
‘eingefriedete landwirtschaftliche Nutzungsfläche’ (vgl. biunde,
biunt und gebint stF.):
daz wir den berch [...] niht bawen svlen noch auf
deheinem andern berge in der selben gebeunde UrkCorp (WMU)
1541,11;
in loco, qui dicitur cleyne gebunt UrkJena
65
(a. 1310);
vierczehen hube landes ardackirs an den gebunden gelegen vor der stat zu Erffurt
UrkErf
2,221
(a. 1347);
WeistGr
3,619
(a. 1268)
gebiurde
stF.
‘Landschaft, Gebiet’
mir nennet daz buch her na / die geburde in der
geine [Gegend] , / groz vnde kleine: / Azonis von Persia, /
Taure vnde Yndia Herb
14290
u.ö.;
in der gebuͦrte vnd in der gegenote was vnser herre eine wile
PrLpz(L)
68,5;
regiones gentium: [...] die gegende. die gebiurde dere
diete PsWindb
104,44;
in regione uiuorum: in der gebiurde dere lebentigen ebd.
114,Oratio;
inde sin wir dan ze Kolne ove ze Buͦnne [...] ove
in dieser gebuͦirden UrkCorp
255,3
u.ö. (alle Belege Köln)
gebiurisch
Adj.
1 von Personen 1.1 ständisch: ‘bäuerlich, von bäuerlichem Stand, bäuerlicher Herkunft,
bäuerlicher Lebensweise’
1.2 nicht ständisch: ‘von einfacher, unverfeinerter, grober Lebensart;
bäurisch, unedel, unfein’
2 (von Kleidung, Speise, Benehmen, Sinnesart usw.:) ‘bäuerlich’ ,
z.T. unständisch, übergehend zu ‘bäurisch’ , dann
‘unfein, grob’ überhaupt 3 (rhetorisch) ‘einfach’ ; im Sinne des stilus
rusticus 4 übertr. ‘misstönend’
1
von Personen
1.1
ständisch: ‘bäuerlich, von bäuerlichem Stand, bäuerlicher Herkunft,
bäuerlicher Lebensweise’
dâbî ouch nâhen ist gesezzen / ein gebiurischez geslehte,
/ die von altem rehte / darzuo sint belêhent Ottok
19998;
[
daz er eins ritters tohter zur Frau
nimmt,] daz solt wol vermîden / ein gebiurischez barn
Helbl
8,233;
daz seh wir auch an gepäurischen läuten, die niht
zärtleichen habent gelebt und tägleichs grôzer arbait habent gepflegen
BdN
160,1
1.2
nicht ständisch: ‘von einfacher, unverfeinerter, grober Lebensart;
bäurisch, unedel, unfein’
nu was das lút ubir al das lant / dannoh gebúrsch, in
wonten mit / niendir hoveliche site / noh menschen bescheidenheit
RvEWchr
20002;
ob mir von vrowen liep geschiht, / des liez ich ungern wizzen iht / für
wâr ein gebeurischen lîp, / ez wær man oder wîp UvLFrd
510,1;
diser innewendiger grunt der muͦs von not den
verborgen bliben die alles mit irre wirklicheit in dem usseren sinnelichen
menschen blibent; der ist ze gebúrsch und ze grob zuͦ disem edelen
grundelosen grunde Tauler
370,6
2
(von Kleidung, Speise, Benehmen, Sinnesart usw.:) ‘bäuerlich’,
z.T. unständisch, übergehend zu ‘bäurisch’, dann
‘unfein, grob’ überhaupt:
ir ezzen ist schad mit groben dingen, sam gepäurisch ezzen
ist, milich und sämleich dinch BdN
323,6;
und zoch gar geswinde iren oberen witen gebúrschen rog abe, und hette do gar
einen guoten engen wolgesnitten rock an irme libe MerswKn
88;
sümliche bizent ab der sniten / und stozents in die schüzzel
wider / nach geburischen siten; / sülh unzuht legent die hübschen nider
TannhHofz
47;
do quam her [ein gebur
] von grozin
wetagin widder in eine vorchte unde in siner gebureschin einfeldikeit begerte he
abir gesuntheit Köditz
81,4;
dest ein gebiurscher tuc, / swer hirzen unde geizen / gelîcher
werde gan KLD: Kzl
1: 6,6.
–
dez beren nature ist gar unfuͤge und gebúresch und erkennet nit
honges suͤssi PrGeorg
326,7
3
(rhetorisch) ‘einfach’; im Sinne des stilus
rusticus:
Jeremias der prophete, deme dise vorrede geschreben stet, ist
vorwar by den hebrehen Ysaien und Oseen und etzlichen andirn propheten an der rede
geacht gebuyrischer, abir an dem synne iz er in glich Cranc
Vorr. Jer 80,3;
sô wirt mit kurzen worten kunt / dur mînen gebiurschen munt / al der welte dîn
werdecheit WvRh
120;
dise kleine lere, dv hie nah geschriben stat [...]
ist mit gebvrschen worten geschriben Bihteb
6;
mit kivrzen worten vnd mit gebiurscher rede ebd.
29.
– anders:
sus von den ewangelien / wil ich nu tihten etewas, / swie
doch genuge lúte daz / sprechen daz man nit enmuge / minnen tihten ane lug / und
frómd núwe fúnde / vinden ane súnde. / seht, die gebúrschen
giegen [törichten Feinden der Dichtkunst] / all
hie bewer ich liegen SHort
93
4
übertr. ‘misstönend’
kupfer [...] hillt wol und dœnt
[...]. sein gedœn von im selber ist gepäurisch. wenn
aber man ez mit silber mischt oder mit zin oder mit golt, sô gewinnt ez gar ainen
guoten klank BdN
478,28
gebiurischeit
stF.
1
‘schlechtes Benehmen’
2
‘Überlieferung bei den Bauern, Bauernweisheit’
1
‘schlechtes Benehmen’
vmbe daz sú ire gebúrescheit nút enzoͤgte [sich nicht als
ungezogen darstellte] , vnd [in der
Lichtmesse] die kercze also die anderen
[...] ǒch opherte ElsLA
192,3.
–
‘unzivilisiertes Verhalten’
daz [Rachemord] weri ein
unvernúnftigú geburschheit und ein úbelstendú freidikeit Seuse
123,13
2
‘Überlieferung bei den Bauern, Bauernweisheit’
wer des wazzerfrosches zungen ainem slâfenden menschen legt
under sein haupt, daz wirt redent in dem slâf und offenbârt haimleicheu dinch, sam
diu alt gepäurischait spricht, diu doch dick missagt BdN
306,9
gebiurischlich
Adj.
‘bäurisch, unfein’
nu hœrent wie diu frische / bire dô geteilet wart / nâch gebiureschlîcher art
[...]. / die nam der unbedâhte helt / und sneit die biren
ungeschelt / enzwei mit sînem mezzer HBirne
86
gebiurlich
Adj.
1
‘bäuerlich’
2
‘grob, unfreundlich’
1
‘bäuerlich’
gebûrlîch gewant [im Gegensatz zum
ritterlichen]
Kchr
4809;
daz kint er [Fischer] an den arm nam: / sîn wîp gie
im allez mite / nâch gebiurlîchem site / ze klôster Greg
1113;
das die gebawer von Loberth [...] alle gebauerliche
dinst selber thun sollen UrkPreuss
3,16
(a. 1338)
2
‘grob, unfreundlich’
wand er [Gott] ist also sere
verwunt von irer [der gottliebenden Seelen] minne, das er
aller dingen hat verzigen mere denne drissig jar, [...] uf
das er si moͤhti durkússen und mit sinen blossen armen umbevahen.
woͤltestu hie an gedenken, wie moͤhtestu also gebúrlich wesen, du
muͤstest im gegen drissig jaren zem tage eine stunde [des
Gebets] geben Mechth
6: 1,112
gebiusche
stN.
zu bûsch
‘Beule, Schwellung’ (bzw. ‘Schlag, der eine Beule
bewirkt’):
redet ieman dar wider, / dem slâhet ein gebiusche [den schlagt grün
und blau]
HBirne
161;
sins swertes ort wart strichen / dem tier so groz
gepuͤsche WhvÖst
11779
gebiute
→ gebiete, gebiet stFN.
gebiuwe
stN.
→
gebû
gebiuʒe
stN.
‘Schlag, Stoß’
jener trût der vrouwen muoz ein gepiuze hân. /
[...] ez gât im an den lîp NibB
1886,2;
die Deutung von hsl. gebuze (C), gepvͤze (B),
gepoͮze (A) usw. als sonst nicht bezeugtes gebiuze ist
unsicher; vgl. Lachmann, Anm. zu den Nib. (1823,2)
gebiʒ
stN.
im Reim auf itwîz
Erz III .
1
‘Mundstück des Zaumzeugs’
2
‘Beißkorb, Maulkorb’
1
‘Mundstück des Zaumzeugs’
nym daz gebis [...] unde lege is dem
pherde in den munt Albrant
3,53;
der zoum was geworht alsam, / [...] von silber was
daz gebiz Flore(S)
2870;
lupatum: gebis, gebiss VocOpt
26.010
2
‘Beißkorb, Maulkorb’
chamus: gebis, gebiss VocOpt
26.009.
– übertr.:
in zorn slint den itwis [schlucke die zornige Entgegnung,
Schmähung herunter] , / lege dem munde einen gebiz. / tumbe
kunheit versitze, / daz ist zuht und witze ErzIII
36,264;
wie dik hast du dien anzennenden vienden isninú gebiss in
geschlagen [
frenum silentii
imposuisti
] und sú unmechtig gemachet mit dinem
vroͤlichen lobe Seuse
252,8
geblâs , geblæse
stN.
‘Säuseln’, mit (dem)
~
‘säuselnd, einschmeichelnd’
sprechen:
er [der Teufel] hatte sich verpflichtet / daz er nicht
Adam spreche, / wen her vil liechter breche / daz wiep, wen si krenker was. / mit
gerune, mit geblas / senfte er ver Even zu / sprach TvKulm
258;
von dem raben [...] der hatte in sinem
monde einen kese, / zu dem der fuhß sprach mit dem geblese: / o rabe, das dich got
huͤde, / ich bijt dich, sienge mir ein liet durch dine guͤde!
Pilgerf
7685
geblæsede
stF.
‘Aufblähung’
suedemo manne [...] rodent beide die
chinne [l. chnie?] mit dere diche geblasede
[
si amba genua (l. gena?) rubea habuerit
solida cum inflatione
]
Capsula
15
geblerre
stN.
‘nutzloses Gerede, Geschwätz’
nieman sol ez [dieses Buch] hân vür ein geblerre, /
wenne ez ist wîten unde verre / gesament in der heiligen schrift Renner
15935.
17071;
MinneR368
132
gebletze
stN.
‘leeres Geschwätz’
heiz in, daz er ze schuole gê, / lerne diu buoch nâch unser ê / unt tuo sich sînes
gebletzes abe, / unt daz er got vor ougen habe, / sô altet er mit êren KvFuss
2953;
Jôsêp von Aramathî, / der seit uns starchiu mære / von dem
verchêrære / dem ez sô lästerlîche ergie, / daz er vor gerihte hie / verteilet und
erhangen wart. / er seit von sîner ûfvart / und gebletzes dannoch mê
KvHeimUrst
1507;
MinneR410
359.
– derber, spottender Ausdruck des Dichters für seine Lieder (NeidhWb):
wâ bî sol man mîn geplätze hinne vür erkennen? / hie envor dô kande man iz wol
bî Riuwental Neidh
WL 24:7,1;
Wîerât [...] diu hœret mîn geplätze gerne ebd.
WL 5:1,10
geblicket
Part.-Adj.
→
blicken swV. 1.
‘(durch Läuterung) zum Glänzen gebracht, glänzend’
einen vierdunk gutes geplicktes silbers BgRIglau
300,18;
vierczehen geplickte mark SchöffIglau
209
geblüede
stN.
‘Blüte’
dô sach ich ir [Gartenblumen] geblüede brehen / gegen
der sunnen vaste LvRegSyon
2177
geblüemet
Part.-Adj.
→ blüemen swV. 2.
1 als Epitheton ornans: ‘geschmückt, herrlich, gepriesen,
preiswürdig’
2 rhetorisch, ‘mit Redeblumen geschmückt’
1
als Epitheton ornans: ‘geschmückt, herrlich, gepriesen,
preiswürdig’
nun wil von husse schaiden / ains geblümten künges barn. / gott
müsse üns den held bewarn GTroj
177;
der geblümtte junge man ebd.
6455;
die gebluͤmten fuͤrsten wert
WhvÖst
18602;
hail mich, gebluͤmter got PrGeorg(Sch)
5,218.
11,42;
PrGeorg
65,7
2
rhetorisch, ‘mit Redeblumen geschmückt’
der knappe was ouch rederîch, / geblüemet schône und
hübeschlîch / was alle sîne rede gar HvFreibTr
1302;
noch Quintilkani und Tullii lecczien und noch den geblumeten
worten [
post Quintiliani et Tullii lectionem ac flores
rhetoricos
]
Cranc
Vorr. Dan 271,15;
wenn ich zu tichten han gedacht / gepluemtew wort Suchenw
16,9
gebluot
Part.-Adj.
‘aufgeblüht, blühend’, → blüejen swV.
3.
daz her sie gruenet und vrischet / mit sines heren geistes towe / glich der
grunekeit der owe, / swenne die blumen sint geblut HeslApk
21519
(das Glossar vermutet wohl nicht richtig ‘verblüht’)
gebogen
swV.
→ bogen
1
‘sich biegen, beugen’.
die andern [Haubtsünden] muͤssent ir
[der Hoffahrt] gebogen [sich ihr
unterwerfen]
GeistlStreit
A 106
|