betagen
swV.
1 intr. 1.1
‘zu Tage treten, ans Licht kommen, erscheinen’
1.2
‘die Tage, die Zeit hinbringen’
1.3
‘bis zum Anbruch des Tages bleiben, den Tag abwarten’
1.4 unpersönl. ‘Tag werden, tagen’
2 tr. 2.1
‘jmdn./etw. (mit dem Licht des Tages) bescheinen’
2.2 im Passiv mit Dat.d.P. ‘in Erscheinung treten, vor Augen geführt
werden’
2.3
‘jmdn. zu Tage bringen, hervorbringen’
2.4 in Bezug auf tac i.S.v. ‘Termin einer Verhandlung,
Versammlung’
2.4.1
‘jmdn. einladen; vor Gericht ziehen’
2.4.2
‘etw. anberaumen; etw. zu einem best. Termin vor Gericht verhandeln’
1
intr.
1.1
‘zu Tage treten, ans Licht kommen, erscheinen’
daz buͦch fuͤr war von im saget / daz man uf erde nie betaget / der
groͤzerr tugende wielte Rennew
33114;
schœner crêatûr ûf erde / nie betagte SM:AvR
3: 3,2;
daz nî ein mensch betagte / der geredet habe sô wol JvFrst
572;
WhvÖst
2148;
RvMunre
421.
–
darnach do dye czeit betagt Märt
7705;
do der tac betagete / daz her segente sine kint HeslApk
19100.
– mit Dat.d.P. oder Präp.-Obj. mit an:
swenne mir der sêlden tac betaget, / daz mir getrûwet würde ein maget
HvFreibTr
1073.
–
wie moht der tôt an dir betagen? Wh
101,30;
mir hât mîn werlîchiu hant / biz her an disen tac
bejaget, / daz an mir ist der prîs betaget RvEBarl
8646;
Ottok
38891
1.2
‘die Tage, die Zeit hinbringen’
ich enwil nû nimmer sô betagen, / ich enwelle den edelen
Mîlen klagen Wh
254,7.
7,6;
daz dû wîplîchiu cleider tragest / und bî den frouwen hie betagest
KvWTroj
14858;
daz ich iemer / kan alhie bî dir betagen ebd.
17181;
Rennew
30388;
RvEBarl
13082;
Teichn
44,18.
–
tumber gouch, der dar an [mit der Ergründung der Größe
Gottes] betaget oder benahtet! Walth
10,7;
Winsbeckin
39,7
1.3
‘bis zum Anbruch des Tages bleiben, den Tag abwarten’
ich vürhtez [das bettespil
] ir sô wol behage, / daz si vil lîhte dâ betage Tr
12626.
17331;
der ritter sol niht hie betagen, / wecke in, frouwe! KLD:MvH
5:3,2;
KLD:OvB
13:3,3;
Helmbr
1733;
KvWTroj
45578
1.4
unpersönl. ‘Tag werden, tagen’
als ez betaget morgen, sô sult ir gên von mîner kemenâte Kudr
1191,4
2
tr.
2.1
‘jmdn./etw. (mit dem Licht des Tages) bescheinen’
dû Cristes muoter, reiniu magt, / du erliuhtest vinster naht, als si mit
sunnen sî betagt RvZw
21,5;
swer si mag / umbevâhen / und mit kus ir lieblîch nâhen, /
den betaget ein sælig tag SM:KvL
11: 3,10;
ach, waz sælden den betagt / den ir kus und diu richait / wart gegeben!
WhvÖst
14016;
SM:Ro
2:2,3;
SM:UvS
7:3,1;
KvWTroj
17428;
SHort
1166
2.2
im Passiv mit Dat.d.P. ‘in Erscheinung treten, vor Augen geführt
werden’
eine schœne maget, / daz mir sô schœnez nie betaget / in herzen noch in
ougen wart HvFreibTr
1084.
870.
3589;
nu warte wie mirs ist petaget! HvNstAp
1357;
daz sô genædiclich geschiht / im von gote wurd betagt Ottok
1875.
68051;
GTroj
12046.
17391
JMeissn
B 1:12,7;
Daniel
1195
2.3
‘jmdn. zu Tage bringen, hervorbringen’
der reinen süezen maget, / von der uns ist der sun betaget Walth
3,29;
rôse in himeltouwe, / sunder sünde dorn betaget Marner
14,6;
Rennew
25784;
Renner
13098
2.4
in Bezug auf tac i.S.v. ‘Termin einer Verhandlung,
Versammlung’
2.4.1
‘jmdn. einladen; vor Gericht ziehen’
wie Etzele hete betaget / vil vürsten lobelîche / heim in siniu rîche
KlageC
186.
–
haben wir hintz in iht ze sprechen, da suͤln wir si umb betagen
MGHConst
4:171,32
(a. 1305);
so sol si der richter baid betagen mit fronboten auf daz naechst
taedinck OberBairLdr
324.
199.
297
2.4.2
‘etw. anberaumen; etw. zu einem best. Termin vor Gericht verhandeln’
nu wart zeimal betaget / ein hochzit den heiden PassIII
413,50.
–
di selbe chlage vnd die sache wart betaget mir vnd dem apt von
Zwetel [...] hin ze Poelan in den marcht von
minem herren UrkCorp
3333,23.
–
‘etw. vertragsmäßig festsetzen’
ein blinde nam ein êlich wîp, / [...] daz
wart bestætet unde betaget, / man gap si im für eine maget
Bîspel(Pf)
34,3
betaget
Part.-Adj.
1
‘in einem bestimmten Alter’
2
‘hochbetagt, alt’
1
‘in einem bestimmten Alter’
eine wol geshonte maget, / der jugent was also betaget / daz sie nach
zweintzec jarn jach Rennew
19120;
volwachsen unde wol betaget / in megetlîchen jâren HvFreibTr
98;
der jâre wol betaget ebd.
3870;
in aldere betaget / uf vumfzen iar PassIII
327,68
2
‘hochbetagt, alt’
ich bin cristen und ir ein heiden, / ich bin jung und ir betaget Rennew
24913;
die jungen und ouch die wol betagten JTit
3666,1.
3535,3.
– übertr.:
úns enwart niemere kunt / das ein so rehtú junge magit / an wisheit were
so betagit RvEWchr
9157
betalle
Adv. → mitalle
betalleclîche
Adv.
‘ganz und gar’
der britänische herzoge / der was betalleclîche ein helt / ze allen nœten ûz
erwelt GFrau
589;
das ir uch so betalleclich hant gekert an gotts dinst
Lanc
45,25;
betalliclichen ebd.
120,33.
155,36
bëtære
stM.
‘Beter’
wâre betære, die betent mînen vater ane im geiste und in der wârheit
Eckh
1:318,11;
HvFritzlHl
148,35.
– Mitglied einer spätantiken Mönchssekte:
mv́niche, die hiessen euchite, das sprichet ze tv́tsche bettere
VitasPatr
325,13;
sumeliche brudere [...], / die
[...] hiezen betere, / wan sie stete solten beten
Vät
21162
betastelen
swV.
‘jmdn. berühren, streicheln’
wer einen menschen an greift vnchaͤuschleich vnd in halset oder chuͤsset oder
betastelt in vnchaͤuscher lieb, [...] der taͤt ein tot
suͤnd RechtssA
V8,18
betasten
swV.
‘jmdn./etw. betasten, anfassen, berühren’
hende vnd fuze mir besehent: / daz ich ez bin, an mir daz spehent. / bedastent [
palpate Lc 24,39] vnd beschauwent mich EvStPaul
10709;
der kam ze sinne ein gedanc, / obe si mähte betasen / Jêsu gewandes vasen
WvRh
7906
(zur Form vgl. Anm.z.St.);
ChristhChr
7654;
PrLpz
51,30;
NvJer
11010.
–
die bî gewîhten liuten dâ ligent unde mit in sündent unde sich lâzent betasten
mit der hende, dâ mite man der megede sun handelt PrBerth
1:205,31;
wenn sich auch ein mensch selber mit vnchaͤuschkait betastet vnd begreifft,
oder lat daz einen andern tuͦn RechtssA
I11,20;
SM:Wi
9:14,2;
Widerstr
2041
bëte, bët
stF.
1
‘Bitte, Wunsch; Aufforderung’
2
‘Abgabe, Bede’ (urspr. eine auf Bitten des Herrn geleistete außerordentliche Abgabe, später eine regelmäßig, meist jährlich, zu entrichtende Steuer; vgl. LexMA 1,1779-81)
1
‘Bitte, Wunsch; Aufforderung’
Beatris in so viele bat, / daz her tet al ire bete
GrRud
Ib 58;
der furste von der synagogen [...] viel zu hant / fur
sine fuze da mit bede / und die mit grozer flehe dede [
et deprecatur eum multum Mc 5,23]
EvStPaul
3092.
–
diu bete ist unbetelich RvEBarl
8728;
di pette doch petlich was HvNstAp
19529;
mit großer bede Lanc
566,32;
ReinFu
K,246;
StRAugsb
58,12;
mit minniclicher bete KvWSchwanr
799;
KvHeimUrst
1621;
diu bette ist ungenæme SM:WvK
7: 1,12;
ein ungefüegiu bete UvZLanz
7273.
– an Gott gerichtete Bitte; Einzelbitte eines Gebets (selten):
ein gebet [...] ist pater noster
genamet. / [...] da sint inne siben bete
Vateruns
21;
nah der bete Dauidis Litan
1441;
Mechth
7:20,7.
– i.S.v. ‘Gebot, Aufforderung’ (s.a. unten Paarformeln mit
gebot):
her gebôt daz Ênêas / sîne tohter kuste, / [...]
ez hete gerne Ênêas / ân des kuneges bete getân En
12885.
– in verbalen Wendungen (mit biten, gewern,
leisten, tuon, verliesen,
vervâhen):
diß ist die erst beth der ich uch ye gebat
Lanc
137,29;
NibB
532,4;
UvZLanz
9312;
got in erhôrte, dere bete er in gewerte
Gen
1061;
Iw
1464;
RvEBarl
7105;
ich leiste gerne dine bete Herb
5976;
En
6170;
Tr
19103;
Wh
87,14;
daz sol ir wesen harte gut, / ob sie mine bete tut
Herb
11288;
GrRud
G 51;
Tannh
10,29;
diu bete [um Herausgabe des Horts] ist gar
verlorn [vergebens] , / vil edeliu küniginne
NibA
2305,1;
AHeinr
1307;
werbet irz [...] / daz iuwer bete
an in vervâht KvHeimUrst
1540;
Herb
12155;
Wig
3234.
– in Paarformeln (mit drô, gebot, rât,
vlêhen):
mîn bete unde mîn drô Iw
507;
Herb
2860.
3425;
RvEBarl
8577;
nû gesamnete der helt guot / mit bete unde mit gebot /
eine kreftige rot Eracl
4577;
Iw
238;
Tr
12839;
weder durch bete noch durch rat / en mochte des niet
geschen Herb
9838;
Iw
3152;
KvHeimHinv
943;
ir vlêhen und ir bet Wig
3223;
Tr
4862;
UvZLanz
5210
2
‘Abgabe, Bede’ (urspr. eine auf Bitten des Herrn geleistete außerordentliche
Abgabe, später eine regelmäßig, meist jährlich, zu entrichtende Steuer; vgl. LexMA
1,1779-81):
swer über reht arme liute twinget / und si ze grôzem schaden bringet / mit
bete, mit ungelte und mit stiure Renner
2223;
unreht gewalt, bete und stiure ebd.
22807
u.ö.;
beide mit stiure und mit bete AHeinr
275;
EvStPaul
100
(für tributum, Mt 17,24);
Cranc
Uzl 262,15
(für exactio).
– häufig in Rechtstexten (vgl. WMU 1,227f.; DRW 1,1336-1339):
daz vnser herre der bischof von Strazburc ze einem mal in dem iare
[...] eine bette haben sol ze rehte UrkCorp
77,46;
dîe bêtte alle von habern vnd von pfenningen, die er von den lv̓ten nimet
ebd.
645,27.
– in Aufzählungen von Pflichten und herrschaftlichen Rechten:
her [der Richter] mûz niechein gebot, noch
herberge, noch bede, noch dînst, noch chein recht uffez lant sezzen, ez en
willekore daz lant SSp(W)
3:91,3;
daz wir sie ledich sagen aller stiure, bete, gabe, lehens, borgschefte,
beschatzunge StRMünch
60,8;
RechtssB
P2,6
bëtealter
stM.
‘Götzenaltar’
die lúte mahten [...] / ir bete altir
[...] / und betten durh des túvils spot / gnuͦge ouh an
dú abgot RvEWchr
22436
beteben
stV.
‘etw. zerquetschen, zerdrücken’
do ward er [
der vrosch
] betaben / mit der aeten [Egge] auf dem veld
Teichn
130,2.
– vgl. auch
ebd.
176,4
(Konjektur)
beteben
swV.
‘jmdn. zu Boden drücken’
umbe kêrn er [der Drache] sich begunde / mit offenem
wîten munde [...] und liez von im sô grôzen stanc, / daz ez
den herren sêre betebt [Hs. betoͤbt
: erhebt
]
HeidinIII
1495
bëtebloch
stN.
‘Betschemel’
ein matte sol vor sinem bette ligen und ein bettebloch
Mechth
6: 2,27
(vgl. Anm.z.St.)
bëtebûr
Subst.
‘kleines Heiligtum, Kapelle’
sacellum: betebur / betebura SummHeinr
2:468,206
bëtegarbe
stswF.
‘Garbe als Abgabe’
[Graf Albrecht von Werdenberch gelobt dem Kloster Salmanswiler
Befreiung von] bet garben vnd bet korns UrkFürstenb
5,345
(a. 1321 [Regest])
[=
UrkSalem
3,245 ]
bëtegen
swV.
‘beten’
daz er vil bettegi und venie und disciplin neme PrGeorg
202,24;
da von ist úns not daz wir inneklich bettegint an únserm ende ebd.
254,15
bëtegültic
Adj.
‘abgabepflichtig’
vortme so magh vnse here den beddeguldien luden heyschin
eyn [einmal] inme jaire eyne wynbedde WeistGr
2,84
(a. 1339);
bedeguldich gut UrkMoselQ
146,17
(a. 1328)
bëtehaft
Adj.
‘abgabepflichtig’
daz des [...] Baldoltsheims gut ze Jtoltsheim vnd
auch alle andere gut da selbest betehaft weren UrkWürzb
39,476
(a. 1332)
bëtehaftec
Adj.
‘abgabepflichtig’
[sie] sollen nuͦ furbaß so gethane bedte und sture geben
und reichen von dem selben gute, also die davon pflagen zu geben und zu reichen, die
das selbe gut vor inne hatten, da es in der bedehafftigen hant stuͦndt
StRMiltenb
305
bëtehûs
stN.
1
‘heidnischer Tempel’ (die gewöhnliche und am häufigsten belegte Bed.) 2
‘jüdisches Gotteshaus, Tempel, Synagoge’
3
‘christl. Kirchengebäude’
1
‘heidnischer Tempel’ (die gewöhnliche und am häufigsten belegte Bed.):
Roͮlant unt di sine / cherten mit micheleme nide / an der
haiden bette hús Rol
4169.
953;
zv eren vnde zv minnen / irre gotinnen, / die da heizzet
Pallas, / ein bethus gewort was Herb
14128
u.ö.;
diu betehûs sie brâchen nider / und machten niuwe kirchen
gote / nâch der kristenheit gebote RvEBarl
13604
u.ö.;
Athis
D 93;
SAlex
5443
2
‘jüdisches Gotteshaus, Tempel, Synagoge’
ein bethûs schœn unde guot / wolt ich [David] im
gern machen / [...] der tempel sô wirt ez genant
EnikWchr
11146.
4894;
HeslNic
2764;
Mechth
5:23,127.
– in Bibelübersetzungen und -erklärungen
für domus orationis (Mt 21,13; Mc 11,17; Is 56,7):
mein haus ist ein pethaus, daz habt ir gemacht ze einem
hol der schacher PrOberalt
144,19.
145,5;
ebenso
EvBerl
22,7.
108,3;
Tauler
394,31;
Cranc
Jes 56,7.
– für tabernaculum (Nm 17,4; Apc
21,3):
Spec
13,22;
HeslApk
20539;
Eckh
2:594,5
(=
Parad
128,24
).
3
‘christl. Kirchengebäude’
wie man wirkin solde / mineme trechtene ce eren / ein munstir
vil here, / der cristinheite ein betehus Ägidius
802
u.ö.;
darnach es [
das pallast
] verchert also wart / [...] zu einem pethaus
den christen Hawich
4303.
3232;
PassIII
47,48.
471,83.
– Oratorium in einem Kloster oder Privathaus:
oratorium: betehus SummHeinr
1:262,168.
2:9,202;
von dim bethusi des munsters [
De oratorio monasterii
] . daz bethus daz si daz ez haizzit. vnde nit da etwaz anders
werde gitan oder werde gihaltin BrZw
52
u.ö.;
BrEng
52
u.ö.;
StatDtOrd
35,20;
NvJer
9865;
ein iegleich mensch mag ein pethaus [
oratorium privatum
] machen in seinem haus an vrlaub einez pischolfs RechtssA
K30,36
beteidigunge
stF.
‘Vertrag, Übereinkommen’
sie habent fur uns bracht ein brieff [...] und
lauttet [und der Brief beinhaltet] einer beteidigung
zwischen unsern lieben getreuen Gerlach und Albrechtenn und Gotfridenn von Hohenloch
gepruderen auff ein seitten und den [...] von Vestenberg
auff die andern seitten UrkHohenl
2:569,8
(a. 1345)
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