bônwinde
F.
‘Ackerwinde’ (vgl. AWB 1,1259 und Etymol.Wb.d.Ahd. 2,240):
ligustria: bonwinda VocBV160
3:52,4
bônwurz
stF.
Glosse für die Pflanzennamen maurella und millemorbia (zu
den möglichen Zuordnungen zu botanischen Benennungen vgl. Etymol.Wb.d.Ahd.
2,240f.):
mavrella: boͮnwrz VocBV945
3:481,61;
VocBV66
3:481,61;
mavrella: bonwrz VocBV461
3:481,61;
millemorbia: druͦswrz vel ponwrz vel maurella VocBV632
3:475,38
1bor
stM.
zu poln. bór
‘(Fichten-)Wald’, latinisiert borra (so Strehlke zu
NvJer
7083; vgl. PreussWB 1,724f. und MlatWB 1,1541) oder zu
→
2bor in der Bed. ‘Anhöhe’ (so Pfeiffer,
NvJer. 134 s.v., und Strehlke zu NvJer
25780)?
dâ jaite nâ der cristenin trucht / manchir wegen durch den bor / alliz ûf der
vîende spor NvJer
7083;
der selbe wintir was sô kalt, / daz dî vruchtboume nicht inthalt / hattin vor dem
vroste / [...] beide in garten und ûf bor ebd.
25780
2bor
stM.
in den rezenten Dialekten oft F., M. z.B. WBÖ 3,616.
‘Empore in der Kirche’
do komen di posen gaist [...] und hueben si uf den obern
por AdelhLangm
60,16
(vgl. Anm. z. St.)
3bor
stN.
‘Bohrer’
das bor ist myt sime namen genant / hitzige ubonge [...],
/ die durch ire langes uben dut / den hymel bis an das oberste durch boren
Pilgerf
13232.
13226;
ein lang boͤre sij auch druͦg ebd.
13017
bor-, enbor-
Präf. vor Adj. und Adv.;
frmhd. auch bore-, ahd. bora-. Die Präfixvariante
enbor- ist ahd. noch nicht belegt und ungeklärten Ursprungs; am ehesten
in Frage kommt Angleichung an die Form des mhd. Adv. gleicher etymol. Grundlage
enbore
‘empor’. –
‘sehr; nicht sehr; nicht, un-’. Das schon ahd. seltene Präfix hat
ursprünglich steigernde Bedeutung, die sich mhd. in nichtnegierten Sätzen nur im Falle
von modal gebrauchtem borwol
‘ganz gewiss’ erhalten hat. Ahd. kommen die mit bora-
gebildeten Adj. und Adv. nur in negierten Sätzen vor, wodurch sich Umdeutung des
Präfixes als Teil eines zweigliedrigen, zugleich steigernden und negierenden Ausdrucks
ne ... bor-
‘nicht sehr ...’ oder sogar als bloße Verstärkung der Negation
ergeben konnte. Die Umdeutung zeigt sich daran, dass mhd. in Sätzen mit
bor-Bildungen ne/en als einzige weitere Negation genügt und die
sonst obligatorisch gewordene Verstärkung durch niht beinahe nie vorkommt
(einzige Ausnahme: borsenfte
Roth
2676), ja dass auch ne/en selbst fehlen kann (vgl.
borbiderbe, -gemeit, -guot, -holt, -lange 2, -mære, -schœne, -sêre, -tiure,
-verre, -vil, -wol), und zwar bereits in den ältesten mhd. Belegen (
Gen , GenM ). Nach Ausfall der Negationspartikel kann
das Präfix dann entweder allein die steigernde und zugleich negierende Bedeutung haben
oder sogar zum ausschließlich negierenden Präfix umgedeutet sein ( ‘nicht,
un-’). – Die bor- /enbor-Bildungen werden meist litotisch
gebraucht im Sinne der sogenannten mhd. Ironie, bei der anstelle der völligen Verneinung
ein Ausdruck für ‘wenig, selten’ usw. erscheint. Hier bei
steigernder, mit ne verneinter Bedeutung: ne ... bornôt
‘nicht sehr nötig’, litotisch für ‘gar nicht
nötig’; bei negiert-steigernder Bedeutung ohne ne:
borgemeit
‘nicht sehr froh’, litotisch für ‘gar nicht
froh’.
– Lit.: Behaghel, Dt. Syntax 2,79 (§ 575); Hübner, Ironie, S. 123f.; Biener,
Steigerungsadv., S. 173-177; Etymol. Wb. d. Ahd. 2,241f.
bôr
stM.
‘Empörung, Erhebung, Feindseligkeit’
die [Engel des zehnten
Chors] erzeigeten got alsölhen
bôr [
kôr:
] , / daz sîn werdiu kraft vil stætec /
von in wart anrætec [verraten wurde]
Wh
308,6;
daz nie sô grôzer haz / noch urliuges bôr / wær gewesen hie enphor Ottok
29436;
dô sich von êrste huop der bôr ebd.
27767.
65931
borat
stM.
ein Edelstein
MinneR210
401
borax
Subst.
1 eine Eidechsen- bzw. Krötenart 2 Bezeichnung des Krötensteins
1
eine Eidechsen- bzw. Krötenart:
er spricht auch, daz mangerlai egdehsen sein, als borax,
salamandra und stellio, von den wir her nâch sagen BdN
274,29;
borax haizt ain grôz krot ebd.
296,11
2
Bezeichnung des Krötensteins:
borax ist ain krotenstain. den tregt ainrlai krot in dem
haupt BdN
436,33
borbiderbe
Adj.
‘unredlich, korrupt’
so ist der kúnig ouch nút mit göttelichem rehte, wanne sin vatter der koufte es
[Wahl des Sohnes] umb die kurfúrsten, und mahte die
fúrsten borbiderbe darumbe daz sú guot noment, daz symonie ist MerswBrf
342
borbüne
stF.
‘Empore in der Kirche’ (vgl. LexMA 3,1895ff.):
also wrdant si zwene [...] vffe die borbv́ne dar [= der]
kirchen gonde, vnd er kam an ein loch, do er geliches vffe dan [=
den
] altar gar wol sehhenda was MerswFM
62,32
borc
stM.
1
‘Borgen, Geborgtes’ (vgl.
borgen
3
u. 4 ) 1.1 allgem. 1.2 Wendungen 2
‘Bürgschaft’ (vgl.
borgen
5
)
1
‘Borgen, Geborgtes’ (vgl.
borgen
3
u. 4)
1.1
allgem.:
borgetens âne gelten, / des vorhten sî engelten; / wand
ers ofte engiltet / swer borc niene giltet Iw
7156.
7158;
der borg mit guͤte [fair] giltet, / der
mag borgen deste baz Rennew
32342;
dô begund er sorgen, / wâ er fund ze borgen. / die dâ koufliute wârn /
[...] die schuofen im borc
[Kredit] ein wîle Ottok
40422;
es ist nicht ein rechter has, / der mit aim tranch und as / und im dann
sein veintschaft trait, / ob er im den parig
[Anschreibenlassen] versait, / wann er mit im
raitet ab. / der nicht phant und phenning hab / und sitz doch an den tisch hin
an, / der hat michels wirs getan, / denn ener der in pargs verzeicht
Teichn
308,4;
ein ritter borges zuo mir pflac, [...] der beleip
mir schuldec sibenzic marc Rittertreue
269;
daz dehaine ir burger [...] weder auf porck noch
umb berait gelt [Bargeld] niht hoher spiln sol
[...] danne umb 60 haller ains tages und ainer naht
NüP
117.
– im Pl.:
die von grôzen borgen / wâren in den sorgen, / den gap vil williclîche
/ sîn guot der künic rîche LBarl
14214.
– übertr.:
übel mit übele gelten, / craft erzeigen wider craft: /
dar zuo was er gedanchaft. / [...] weiz got, der
man muoz harte vil / an disem borge
[Austausch] übersehen / oder ime muoz dicke schade
geschehen Tr
279;
si ist lônes alsô rîche / daz si wol iegelîchem man / nâch sînem borge
[Dienst] gelten kan RvEAlex
21512
1.2
Wendungen:
– jmdm. etw. borges / ûf borc / ze borge geben:
swer saltz her pringet verr oder nachen, der mag daz wol porgs oder
umb beraitt pfenning [Bargeld] geben rechten
chauflaͤwten StRMünch
421,27;
ze porgs ebd.
421,23;
diu sunne gibet dem lufte hitze, aber lieht gibet si
im ze borge; und dar umbe, alzehant sô diu sunne undergât, sô verliuset der
luft daz lieht, aber diu hitze blîbet im Eckh
5: 36,18.
–
ze borge (ver-)lîhen:
sît dem mâle dem menschen allez daz, daz guot oder
trœstlich oder zîtlich ist, im ze borge gelihen ist, waz hât er danne ze
klagenne, sô, der ez im gelihen hât, ez wider nemen wil? Eckh
5: 37,5;
er verlîhet ez ir ze borge ebd.
5: 36,17.
– etw. ze borge tuon:
wir han u virgolden nach, / svaz so ir uns ze borge
hat getan GrRud
C 28
2
‘Bürgschaft’ (vgl.
borgen
5
):
– jmdn. ze borge biten
‘zur Bürgschaftsleistung auffordern’
ich [Gerichtsbüttel] eische denselben Hermann
[...] ich bite in zu borge StRFreiberg
192,10.
– jmdn./etw. ze borge geben, tuon
‘gegen Bürgschaft freigeben’
ist imant [...], der si borgen [für
sie bürgen] wolle, man gibet si zu borge uf ir recht
StRFreiberg
134,15.
173,16;
swenne di clage mit urteilen gevristet wirt biz an den anderen tag umbe
einen gevangenen man, sô sal man in zu borge tûn SSp(W)
2:9,3;
speziell: dem Gepfändeten das Pfand ze borge geben, tuon
‘gegen Bürgschaft einstweilen zurückgeben’ (vgl. DRW 2,411;
Meyer, Mühlh., S. 85f.):
is he abir ein bisezzin man, so sal min umi sien phant zu
borgi gibi Mühlh
153,2;
UrkCorp (WMU)
1168,28.15;
daz phant sal man zu borge tuͦn SSp(W)
1:70,2
bœre
stF.
‘Höhe’, nur als adv. Akk. die bœre
‘in die Höhe’
wann sie [...] ein starcker wint / hüb die böre von der
erden Krone
25679;
jr nabel was al so geil / daz er wol ein eln lanch / sich enbor [La.
die böre sich
] von dem leibe swanch ebd.
9410
Boreas
M.
‘Nordwind’
der wint der tet in starke nôt, / wander vil stark was, / der
selbe der dâ Boreas / in den bûchen heizet SAlex
1060;
also sint och vier winde [...] der erste
heizit Boreas MNat
9,25;
KvMSph
21,28
borel
Subst.
eine Tuchsorte (vermutlich nach einem Ort in Flandern):
welch gast her in fuͤrit Poperish [Tuch aus
Poperinge] , Gistlish [aus Gistel] , Borel
[?] vnde alle duͤnne tuch
[...], der shal gebin von dem tuche ein quart
UrkSchles(B)
53:2,2
(a. 1327)
(vgl. Anm. z.St.)
bœren
swV.
auch bôren ( Ottok ).
‘etw. in die Höhe heben, tragen’ (vgl. SchweizId 4,1509 s.v.
bö̂ren und WBÖ 3,622 s.v. pö̂ren):
ie daz dinc der lichtikeit me an ume hait, io iz me geborit wirdit fon der erdin
zu deme himmele Parad
45,22;
des kund in überringen / sîn riu, von der ir sagen hœrt, / daz sî ze got von himel
bœrt HvBer
7183;
mit einir ruten wirt er dich slan unde sinen stecken wirt er boren ubir dich an
deme wege Egypti Cranc
Jes 10,24;
si boren en uf ire achsiln und tragen en ebd.
Jes 46,7
u.ö.;
Mechth
5:34,22;
übertr.:
kunic Stephan begunde bôren [:gehôren
] /
gegen sîner swester grôzen haz Ottok
10259.
– Vgl. auch
bürn
swV.
boretsch
M.
‘Borretsch’
porrago: burretsch, burrecz VocOpt
50.231
borgære
stM.
‘Kreditgeber, Gläubiger’
bedarf danne der borger phenninge, so sol er zvͦ jme ruͦffen dem
schúldener UrkCorp (WMU)
1653,22;
so sol der richter den schuldner dem borger antwúrten UrkAargau
1,4:13,24
(a. 1258);
sô lît der ouch in sorgen stricke, / den sîn borger suochent dicke / und er in
niht vergelten mac Renner
12964.
– besonders ‘Geldverleiher’ (vgl. Lc 7,41ff.):
ez waren zwene schuldigære, / die solten gelten und heten
nicht, / als noch dick geschit, / einem richem porgære GvJudenb
733;
ez heten zwên entnomen guot [...] von einem lêhenære;
[...] und dô der borgær niht enwolde / lenger enpern, /
dô muosten si in wern: / dô enheten si im niht ze gelten Ottok
57586
borge
stF.
1
‘Schonung’ (vgl. → borgen swV.
2 ) 2
‘Aufschub’ (vgl. borgen swV. →
3.2 und 4.2 )
1
‘Schonung’ (vgl. → borgen swV.
2):
er het sin [seines Gegners] allez borge / und
schont sin mit den slegen Rab
424,3
2
‘Aufschub’ (vgl. borgen swV. →
3.2 und 4.2)
si wolden sunder borge den baruk da zu Baldac haben funden / und uber houbet
gar von eren dringen JTit
2966,2.
3927,2
u.ö.;
der wirt was ein guͦt man, / er schuͦf in allen gemach. /
[...] die vil ellenden degn, / die heten manige sorge /
und doch des leides borge [ ‘ihnen wurde ihr Leid
gestundet’ oder ‘sie schoben das Klagen über ihr Leid
auf’?]
Dietr
4629
borge
swM.
→
bürge
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