girunge
stF.
‘leidenschaftliches Streben’
dise gabe bringt dri gnade vor andern gnaden. dü erst gnade ist, das sie vns
reinget vor sünden. dü ander, [...] di drit, das sie
geischlich girunge vnd gotlich minne an vns entzündet Eckh (B)
112,3
girvalke
swM.
→
gêrvalke
gis
stF.
→
gist
gische
F. , gischen
stM.
s.a.
hëschen
.
wohl ‘Aufstoßen, Schluckauf’ (vgl. auch DWB 4,1,4,7561 s.v.
gischen vb.):
de eructationibus post
medicinam [Überschrift] . underwylen bestet eynen
mensche dy gysche na deme [abführenden] tranke, wan eyn
sere czu stole is gegangen [gemeint wohl ‘er heftigen Stuhlgang
hatte’
] ; dat is sere to vorterende vnde is totlych
OvBaierl
26,1;
van dem gischen [Überschrift] .
singultus heyst der gischen vnde kumt itwenne von ober idelcheyt
[Leere] dez liuez [Leibes]
itwenne van obrigher vulle des maghen ebd.
113,1;
du salt ouch mercken, daz alle gischen gerne abe ghen
[aufhören] von groszer screkunge vnde darvmme sal man
en bose mere segen, da von se erscreket werden ebd.
113,15
gischen
swV.
auch gissen, s.a.
gëschen
swV.,
hëschen
swV.
‘jammernd den Mund aufsperren, schluchzen’
wir sulen weinen, wir sulen gischen, / bitz diͤ
liͤve stunde kume, / dat wir vinden $’n brüdegume
MarlbRh
35,12;
do saz Jeremias der prophete weyninde und sang bermelichin
dis clagelit und sprach mit eynim bitterin gemute irsufzinde unde gyschinde
Cranc
Vorr. Kl. Jer 161,4;
oscito sternuto singulto nauseo sterto: gewe nyse gysse wele ruze Gl
4:648,6
(BStK947).
– subst.:
ir beider weinen, / ir rienen [Jammern, Klagen] unde
ir fnissen [Schnauben] , / ir sufzen unde ir gissen
Elis
4470
gîse
stF.
aus afrz. guise.
‘Art und Weise’
dem emeral [...] gap man Kandaris /
nach der franzoyser gis / mit richem bvnt gentisch lachen [Tuch aus
Gent]
TürlArabel
*A 208,12
gîse
swstM.
→
gîsel
gîsel
stM.
auch swM. (
Rol
564
), gîse swstM. (
Karlmeinet
408,57
u.ö., vgl. Bartsch, Karlmeinet, S. 293; DWB 4,1,2,2613).
‘Pfandperson, (Bürgschafts-) Gefangene(r), Geisel’ (vgl.
2HRG 1,2006f.; LexMA 4,1175f.):
dem kaiser gerieten sine wisen, / daz er uorderote gisel / uz
iewederem taile Rol
8860;
gestaetige iz an dere stunt / mit giselen unde mit gebe ebd.
1514.
9007;
ob ich
[
Dietrîch
] ertwingen kan / dich
[
Hagen
] mir ze einem gîsel
NibB
2351,4;
ez wurden mîne gîsel zwei wætlîchiu kint ebd.
1756,2;
sô wil ich dich haben mir ze phande. / [...] / dû
muost mîn gîsel sîn Kudr
132,1;
nw vernemet rechte, wat ich saen! / sprach der alde wyse. / mych selver have
do zo gyse Karlmeinet
430,30.
430,38.
– (jmdn. ze) ~
nëmen:
rieten dem chunige di wîsen, / er næme von der stat gîsel. /
dar nâch hiez er ûz wellen zwelfe Kchr
15901;
raten iz dine wisin, / nim ir einen ze gisel
Rol
794.
8870.
– (jmdn. ze) ~
gëben:
welt ir mir Hagenen einen ze gîsel geben NibB
2104,1;
swie wir mit ein ander leben. / des sul wir swern und gîsel
geben Eracl
4878;
sie hetten starck suͦne gemacht und yewedderhalb gisel
gegeben der suͦne zu behalten Lanc
47,3.
97,13;
vnd sol denne dem spitale gen vier gesworne gisel UrkCorp (WMU)
628,22;
Parz
609,26;
Rol
905.
–
(ze) ~ ligen:
er muoz mir lâzen daz leben / oder muoz mir mîn silber geben: / vür daz lît er
gîsel hie StrAmis
1945;
so sulin der burgen zvene zuͦ Rotwile in varen vnd zvene zuͦ
Obirndorf ligen ze gizel nach burgen rehte UrkCorp (WMU)
205,12.
–
~ setzen:
er sazte ir gîsel unde pfant / daz er alle sîne schulde /
buozte unz ûf ir hulde Iw
3782.
–
in ~ wîs
‘wie der Rechtsbrauch der Geiselstellung es verlangt’
so svͤln si [...] ze Lantshvͦt in varen
und in geyselweiz da laisten, vntz daz wir alle di sache avzrihtich machen
UrkCorp (WMU)
3396,10;
so svln si vns laisten vnd ein varen in die stat ze Pazzoͮwe in geiseil
wiz vnd reht vnd nimmer von danne chomen, vntz wir vnsers silbers gæntzlich gewert
weren ebd.
2934,2.
– übertr.:
sô tetiz ouh der kriechen. / ze gîsele [des
Todes] si dâ liezen / manigen ellenden gast SAlex
4701;
sîn [Gawans] benantez gîsel was der
tôt Parz
410,8;
ze gîsel muose er ir [der Ritter der Frau
Minne] den muot / geben und daz herze sîn, / daz diu beidiu muosen
sîn / ir gevangen biz an ir tôt Wig
4145.
–
Crist unsir gisil dur unsich in grabi lag / zwu nacht undi
einin dag SuTheol
235;
GrRud
Bb 24
gîselære
stM.
‘Pfandperson, Bürgschaftsgefangener’
obses: giseler VocClos
Ob27
gîselen, gîseln
swV.
‘sich als Bürgschaftsgefangene(r), Pfandperson stellen, verpflichten’
swedirhalb aber dekein [irgendeine] gisel stirbet,
so svln sich die andirn drie giseln UrkCorp (WMU)
32,30;
si svln sich [...] giseln. nach gewonheit Zvrich
giselschefte UrkEidgenG
2,1:722
(a. 1252)
gîselheit
stF.
‘persönliche Bürgschaft’ (vgl. gîselschaft):
dar zuo gib ich dir gîselschaft [La.
giselheit
] / umb den ritter minnehaft, / daz er dir
niht entrinnet UvZLanz
1825
gîselhûs
stN.
‘Haus für die Bürgschaft mittels Personenpfand; Ort, an dem Einlager gehalten
wird,’ (vgl. dazu 2HRG 1,1298f.):
acta fuerunt hec in domo scabinorum ville Brugensis, que vulgariter dicitur
ghiselhuz UrkBresl
128
(a. 1330)
gîselitze
stMF.
‘breiartige, dickflüssige Speise’ (zur Entlehnung aus dem Slaw. vgl.
Etymol.Wb.d.Ahd. 4, 388):
dû solt trinken, vater mîn, / wazzer, sô wil ich trinken wîn. / und iz dû
gîselitze. / sô wil ich ezzen ditze / daz man dâ heizet huon versoten Helmbr
473;
nur gersten wazzer und geislitz / daz helf im wol und nichtz
paz Teichn
175,66.
–
glicerium : giseliz Gl
4:215,13
(BStK926)
gîselmâl
stN.
‘Mahlzeit für Bürgschaftsgefangene, Essen während des Einlagers’
die burgere Zuͥrich sint uͥberein komen,
[...] daz enkein burger Zuͥrich gegen dem andern
enkein giselschaft versetzen sol, weder mit giseln ze gebenn, noch mit wirten ze
gewinnen, die giselmal geben ze essene StBZürich
140
(a. 1344)
gîselreht
stN.
Rechtsbrauch bei der Geiselstellung, ‘Geiselrecht’
so svln si dann zehant laisten ze Regenspurch vnuerscheidenlich, als geisel
reht ist UrkWittelsb
2,40
(a. 1294);
UrkCorp (WMU)
2934,2
gîselschaft
stF.
‘persönliche Bürgschaft’ (bes. in Form des Einlagers, vgl. zur Sache LexMA
3,1743; vgl. DRW 3,1524f. und WMU 1,747 für weitere Belege):
der künec dô von in beiden nam / triuwe unde gewisse
gîselschaft, / daz dirre kampf endehaft / des dritten tages wære Tr
9979;
dar zuo gib ich dir gîselschaft / umb den ritter minnehaft, /
daz er dir niht entrinnet UvZLanz
1825;
die dô die wege / hâten werlîch in ir phlege, / sie ergâben
sich aldâ zehant / und [...] gâben an den zîten / ir
gîselschaft dem künge dâ RvEAlex
17723.
13923;
ob vns die giselschaft niht enfuͤgete ze leistende mit vnsers selbes
liben, daz ieweder vnser zwene ersame lant rittere, die dez harnesches pflegent, vur
vns legen sulent in die giselschaft ebd.
3005,14;
obstagium: giselschaft VocClos
Ob34;
StRAugsb
7,9.
182,14;
RvEWh
11541;
gîsôtet
Adj.
→
geîsôtet
gissen
swV.
→
gischen
gist
stF.
s.a.
jëst
,
gëschicheit
.
‘Schaum’
wie gist in der seifen / der kamerwîp gebende [wie der Schaum
beim Waschen von Kopfschmuck] ; / alsô lât iuwer hende / in der
gist [La. giß
] dar strîchen [so
soll auch die Bademagd den Badenden mit Schaum einreiben] . / ze
leste nemt einclîchen / der loug [Lauge] ie mêr unde mêr,
/ sô tuot daz jesen widerkêr [so hört das Schäumen auf]
Helbl
3,70
gît , gîz
stM.
ab der 1. Hälfte des 14. Jh. md. auch gîz (gicz
TvKulm ; gytz, gyetz
Hiob ) wohl aus gîtese (als Rückbildung zu →
gîtesen
), vgl. Kluge, S. 341, vgl. a. synkopiertes
e in gitsære (
WhvÖst
4237
).
‘Gier, Unmäßigkeit’
1
‘heftiges Bedürfnis oder übertriebenes Verlangen (hier nach
Nahrung)’
2
‘Habgier, Geiz’
1
‘heftiges Bedürfnis oder übertriebenes Verlangen (hier nach
Nahrung)’
wurtzel von machalder holtz / dy was in [den
Hungernden in der Wildnis] eyne spise smoltz, / und daz sy mit
gytze zuckten / und sy uz den grunden ruckten Hiob
11293.
–
hungers ~
‘Heißhunger, Gefräßigkeit’
si lie des leiden hungers git / erbeiten niht unze uf
die zit / das im wer sieden bas erkant [bis das unbekannte Kraut
fertig gekocht war] : / si assens rou [vgl. IVRg
4,38-41]
RvEWchr
36303;
ze jungest kam geloufen der wolve ein michel schar / in starkem hungers
gîte, als man sie loufen siht. / der hunger twanc si sêre WolfdA
100,3.
– übertr.:
Paulus, der bî niuwer zît / von des ræzen wolfes gît /
lambes milte enphangen hât KvHeimHinv
312
2
‘Habgier, Geiz’
sô sint die muotes kranken / gîtes unde hazzes vol
Parz
675,25;
der riche sunder gytzes vol Hiob
8151.
10361;
ir strît wart sô manicvalt / daz si beide durch nît / unde durch der êren gît
[Ehrgeiz, Ehrsucht] / bescheiden niene kunden / wem
si des stuoles [Papststuhl] gunden Greg
3152;
dû schanden vaz, dû triwen lære, / dû gîtes giftigiu slange,
/ dû bôsheit habende zange Ottok
63489.
42092;
EnikWchr
24391.
– als adv. Gen. ‘mit Verlangen, begierig’
ob ich mit mîner blôzen hant / müese rüeren ir gewant. /
ob ich nu gîtes gerte, / untriwe es für mich werte Parz
202,13.
– spez. avaritia, in Verbindung mit anderen
Todsünden:
di vernumpht czu rechter soz / twinget beide gicz und
vroz [Völlerei]
TvKulm
5768.
– metaph. gîtes vaʒ
‘Habgieriger’ (vgl.
gîtsac
):
swer nimt ze vil, nu wizzet daz, / daz ist der sele ein slac, / daz tuot
nieman den gites vaz / die uf der erden nieman wol mit guote vüllen mac!
FvSonnenburg
69,15.
– im Sprichw. ‘Geiz grünt, ist immer jung’ (vgl.
Friedrich, PhrasWB, S. 166):
der git / gruͤnet, wahset alle zit; / dannoht, so
alle untugende / altent, daz er ist jugende SHort
4853
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