getæper
stN.
‘Rumor, Geschwätz (?)’
nieman, der habe diz mære / vür ein valsch getæper
KvWTroj
6779
getar
stMN.
‘Kühnheit’
er ist ein tôre, [...] sîn getar im selben schaden
schaffet RvZw
97,10
getarnen
swV.
‘jmdn. behüten vor etw.’ (mit Gen.d.S.):
jr sint als ein westerbarn [Täufling] , / aller
schand mag man ùch getarn Krone
23587
getât, getæte
stF., auch sw. (
WvRh
2131
), stN. (
WhvÖst
6834;
Wig
97
)
1
‘Tat, Handlung’
1.1 allg. 1.2 in Abgrenzung zu Worten, Gedanken u.ä. 1.3
‘schuldhafte Tat, Vergehen’
1.4
‘Rechtsgeschäft, vertragliche Abmachung’
2
‘Sachverhalt’
3 Gesamtheit der Taten, ‘Geschichte’
4
‘Werk, Schöpfung’
5
‘Beschaffenheit, Eigenschaft’
1
‘Tat, Handlung’
1.1
allg.:
ubel waren iuwere getate. / dem tievele dienotet ir mit
flize AvaJG
26,6;
der grüene wase / wart ir zweiger bettewât / und ein vil minneclich getât
/ ergienc dâ von in beiden KvWTroj
17004;
ich prise dich durch die getat / die sit begangen hat /
din werder nachkum / Woldickin der frum, / der fuͤrstlicher getæt pfliget
WhvÖst
16839;
er wolte rechen die getât UvZLanz
1985;
sîn [Franziskus’] getât
[Verhalten] dûht wunderlich LvRegFr
2258;
der guͦte wille, den der guͦte mensche hat
und in nit mag bringen zuͦ guͦter getat, der glichet sich den
edelen schoͤnen bluͦmen mit suͤssem gesmake ane fruht
Mechth
6: 19,15.
EvAug
205,9;
SM:WvH
5:1,3;
Wig
11038.
– Möglichkeit zum Handeln, ‘Gelegenheit’
ob sælde im daz getæte / iender fuͤgen wolde
WhvÖst
6834.
– semantisch abgeschwächt, Füllwort:
der [Ball mit der eingenähten
Nachricht] wart geworfen mit getæt / in schimpfe dar der
vrien, / siner trut amyen WhvÖst
2084;
da zwischen fuͦgt sich von getat / daz dem
kuͤnge Walwan / wart in Frigia kunt getan / daz nie prislicher magt /
in dirre welte nie betagt, / diu vrier wær vor wandel ebd.
2144;
nû sult ir mir verjehen, / wie ir mir darzuo rât, /
daz wir volfüeren mit getât, / darumbe wir sîn komen her
Ottok
6959
1.2
in Abgrenzung zu Worten, Gedanken u.ä.:
got, der weiz wol mîner schulden zil, / gedanch, wort unde
der getât SM:Gl
3: 3,21;
in [den Bösen (Dat. Pl.)] vil
wênic ze herzen gât / guotiu rede und guot getât Wig
97;
ob sie [die Priester] mit ir
getate / beweͣrten [bestätigten] ∙ ir predigate
Albert
744;
mit rede und mit getæte KvWTroj
18531;
wort âne getât WälGa
13366;
im tzimpt auch wol senftigkait ze übenn, von der webegde
[l. bewegede
] des gemüetes und von zorn
sich entziehenn, das die unfürsichtig pebegde ichtt gähes gespring an die getät
[
ne inprovisa commotio progrediatur in actum sine
deliberatione
]
HvHürnh
10,3;
Iw
1501;
Mechth
3:1,55
1.3
‘schuldhafte Tat, Vergehen’
ih han gesuntit in zorne, in abulge, [...] in
manslahte, mit getate ioh mit uuillen, in manigemo mortode WessobrGlBI
145,20;
der an dirre getâht schuldig ist, der hat die hant verlôrn
UrkCorp (WMU)
1653,20;
wirt aver beidiu vater unde sun beklaget umb eine getât,
die enmac er im niht abe genemen SpdtL
205,22;
ein getât von diupheit oder von raube ebd.
163,14;
wirt der ergriffen uffe der getat UrkBasel
4:29,21
(a. 1317);
an dem iúngesten tage werdent alle vnser getot offenbar ElsLA
9,17;
StRAugsb
117,32;
StRSchlettst
46
1.4
‘Rechtsgeschäft, vertragliche Abmachung’
vnd daz disú getæt stæte blibe, dar vmbe vnd dar úber so gib jch disen
brief UrkCorp (WMU)
1708,27;
bi dire rede und getat sint gewesen und sint gezuge:
[...]
ebd.
1592,35;
dirre getaͤt sind geziͮge [...]
UrkSalem
3,5
(a. 1303)
2
‘Sachverhalt’
ir wunne gât / so suozze mir ze herzen. ez verstât / die gitât
/ so wol, daz sî so mange wunne hât SM:Had
24: 3,11.
11:4,4;
di gesellen lobten die getât [Keies
Vorhaben] / und heten gerne doch gesehen, / wær im ein unêre
geschehen UvZLanz
2902
3
Gesamtheit der Taten, ‘Geschichte’
der Owaͤre, / der úns Ereches getat / und von dem leun
getihtet hat RvEWh
2177;
wer hat gehohet das reich der kriechen, wer hat gepraitet ir
getät durch alle die werlt? HvHürnh
23,11;
Iw
2475;
LvRegFr
359;
Ottok
53
4
‘Werk, Schöpfung’
nû tuon wir ouch einen man nâch unserem bilidi getân, / der
aller unserer getâte nâch uns gebiete Gen
89;
wir ensîn nit sîn [Gottes] getât als der haven des
haveners, daz man sprichet: daz ist des haveners getât PrNvStr
271,22;
daz goͤtlich wesen [...] ist
ein soͤlichú vernúnftigú substancie, die daz toͤdemlich oge nit
gesehen mag in im selb; wan siht in aber wol in siner getat, als man einen
guͦten meister spúrt an sinem werke Seuse
172,3.
172,8;
RvEBarl
9524;
Boner
Vorr. 21
5
‘Beschaffenheit, Eigenschaft’
ze aller jungest gescuofe du den man / nah dinem bilde getan, /
nah diner getæte, / so du gewalt hete VEzzo
71;
dâ [in den Charakter der beiden Freunde des
Dichters] wart ein wênec in geleit, daz was niht stæte, /
[...]. / und wære eht niht wan daz alleine drinne
vermiten, / sô wæren si allenthalben alse ganz an ir getæte, / daz sich ein
iegeslîcher mohte lâzen dran [auf sie verlassen könnte]
Walth
31,9
=
SM:UvS
29:2,7;
ich wæn sî wær sîn swester, / wan er ist ir gar gelich, / als junc und alsô
hêrlich / an aller sîner getât Flore(S)
4035
u.ö.;
[Iwein] sach engegen im gân / sehs knappen wætlîche: / sî
zæmen wol dem rîche / von aller ir getât / an ir lîbe und an ir wât
Iw
4377;
zehant von dien êwarten gie / ein gebot dur die jüdescheit, / daz alle die
waeren bereit, / [...], / si waeren junc oder alde, / ze
Jerusalem kaemen balde / und dâ bî [außerdem] der
getaeten [erg. wæren
] , / daz si nit wîbe
haeten WvRh
2131;
UvZLanz
4063;
SalArz
34,4;
WhvÖst
23
getætlich
Adj.
‘wirkend, tätig’ (zu
getât
):
ein meinung [Absicht] ist recht, dvͥ in got
ist ze vordorost vnd duͥr got gericht, die hant guͦte getetliche
lvͥte [
intentio est recta [...],
quae est actuum bonorum
]
RvBib
21,4;
die getelich [l. getetlich, vgl. Glr.
s.v. activus
] craft gottiz [
virtus
activa Dei
]
ThvASu
250,7;
s.a. H.U. Schmid: -lîh-Bildungen, Göttingen 1998, S. 234
mit Notker-Beleg.
geteile
swM.
‘Teilhaber, Mitbesitzer’ (vgl.
geteilede
2):
die rehten sint / sine bruoder unde siniu chint, / mit im ain
gaist unde ain muot, / vlaisch, gebaine unde bluot, / erben unde siptail, / getailen
an dem erbetail BenGeb
40;
wand ez ain getailtz gvet ist van meim brveder vnd allen meinn getailn
UrkCorp (WMU)
3094,42.
1520,39;
wer diser güter verkoufen wil, die in unserm hof gelegen sind, der sols den
geteilen bieten und ze koufen geben WeistGr
1,159
(14. Jh.).
1,165
(14. Jh.).
1,9
(a. 1338);
Gl
1:492,64
(BStK637)
geteile
stN.
1
‘zugeteiltes Los, Schicksal’
2
‘Anteil, Beteiligung’
1
‘zugeteiltes Los, Schicksal’
Josephus der wise man / Davidin sere lopt daran / das in der
demuͦt gezam / das er diz geteile nam [dieses der drei zur Wahl
stehenden Schicksale, vgl. V. 31160ff.]
RvEWchr
31198
2
‘Anteil, Beteiligung’
dann wurde ich zu der selben stonde / gar muede obe ir uch
myns deiles / undertziehet und uch gedeiles / dar an zu haben vermessen woldet: /
viel lieber ich sterben wolte / wann ich daz von uch lijden solte
Pilgerf
1395
geteilede
stN.
1
‘Anteil’
2
‘Teilhaber, Mitbesitzer’ (vgl.
geteile
swM.)
1
‘Anteil’
quaedam horum bonorum attinentia, quae vulgo gedeilda dicitur DRW
4,606
(Würdtwein; a. 1236);
daz si beide von dem vorgenanten gvͦte vnd sinem geteilide
[...] svllen jerlich geben ze cinse
[...] achzehen phenninge UrkCorp (WMU)
2359,23;
daz selbe gvͦt vnd dar zvͦ ein gvͦt, daz dez selben
gvͦtez geteilid waz ebd.
2841,11;
UrkZürich
8,339
(a. 1310)
2
‘Teilhaber, Mitbesitzer’ (vgl.
geteile
swM.):
wil oͮch ieman in dem zwing von not wegen sînü guͤter verkôfen,
der sol si sînen güteiliten bieten in dem zwing WeistAarg
24
(a. 1348);
wil denn das geteilit das guͦt haben umb als vil geltes, als es einen
frömden verkovft ist, ân alle geverd, so sol das geteilit das selb guͦt vmb
als vil geltes haben an alle widderred WeistGr
1,9
(a. 1338).
4,392
(14. Jh.);
UrkBaden
1
(a. 1304)
geteilte , geteilze
stN.
(sw.
PrSchw
2,27
)
subst. Part.-Adj.,
verkürzt aus geteilteʒ spil (vgl.
teilen
).
‘Wahl, Entscheidung’
daz geteilte wese dîn, / daz beste kius al under disen beiden Walth
150,77;
welich frauwe der dinge deheinez tuͦt, daz die man
verbezzern, die habe ein geteiltez, einweider si ruͤm die stat, als die man
tuͦnt, oder si blibe innerhalb irs huses WüP
44,3;
Parz
215,13;
Seuse
119,27.
– in Verbindung mit geben:
ich man dich, das Pilatuͦs gap / ein gedeilze den iuͦden gram, /
obe si wolden Barrabam / oder abir Iesuͦm lasin ParisTagz
767;
einer git geteilter vil, / der ander nimt welhez er wil. / nu bin ich
uͤberein kumen / und han mir ein geteilz genumen KgvOdenw
5,1;
der [Gad] gab im [David]
driu sweriu getailten [II Sm 24,11-13]
PrSchw
2,27;
do gab inen der kunig drü geteilte ClosChr
52,26.
59,25;
ElsLA
64,1;
HeidinIV
1350
geteilze
stN.
‘Anteil’ (zu geteilede):
[der Weingarten] unser recht eygin ist und ist gedeilze
Hermans von Holtzheym, welch gedeilze beheldit eynen morgen wyngardis
UrkWetzl
1,518
(a. 1335);
[die Hälfte eines Stück Lands] daz ein geteilcze ist von
unserm ebd.
1,635
(a. 1347)
getelere
stN.
‘(tiefes) Tal’ (zur Übersetzung von lat.
convallis):
du der uz sentes[...] die brunnen in den geteleren
[interl. zu qui emittis fontes in
convallibus
]
PsWindb
103,10;
ih frowe mih unde teile [die Stadt Sichem] unde dei
getelere dere gezelte mizze ih [interl. zu laetabor et partibor
Sicimam et convallem tabernaculorum metibor
]
ebd.
59,8;
daz getelere dere gecelte [interl. zu convallem
tabernaculorum
]
ebd.
107,8
getelich, götelich
Adj.
‘passend, angemessen’ (zu
gate
):
die alten [Pilger] mit den jungen,
/ ir buozliet si sungen, / diu wâren götelich darzuo Ottok
9442.
– meist in paarigen Ausdrücken:
wan des meneschin sin und sîn gehiugede kranch vnd kurz ist, da von ist
zimelich vnd ist och goͤtlich, swc guͦter dinge bî vnseren zîten
gechicht, der man gedenchen sol, dc man div der schrift bevæle UrkCorp (WMU)
N317,41;
alsez rehte gotlich vnd billich si UrkCorp
680,32;
ez sol auch dehein hantwerkman [...] an keiner
veirnaht niht lenger wurken dann als goͤtlich und reht ist NüP
162
getelinc
stM.
zu
gate
.
1
‘Verwandter’
2
‘Mitmensch’
3
‘junge männliche Person, Bursche’
1
‘Verwandter’
nimit di muter einen [neuen] man, diselben kindere
beheldet der nehiste getelinc vater halben an iren aller danc StRFreiberg
23,11.
190,29;
wer vor seines gerichtes halben seinen leip vorleuset, sein nehest geteling
nymt sein erbe StRPrag
159;
SSp
82,12.
–
‘Sohn’
daz himelische chint, / daz ist des uater gettelinc; / er ist wol sin
genoz / also michil unde also groz / in gotelichime rechte / nach sime geslechte
/ so ist er dem uater al gelich Glaub
200
2
‘Mitmensch’
wir sullen got minnen obir alle ding, / nach gote unsen
nehesten gedeling, / unse vinde liben durch got Brun
3742
3
‘junge männliche Person, Bursche’
ich hab och des genomen war / daz man an allen dingen / under
allen gaͤtlingen / nach wunsch niendert vinden kan / so jungen wol gemachten
man SHort
6898;
swel kint, es si jungvrowe oder getteling, [...] sin
ding woͤlte endern ze weltlichem oder ze gaistlichem leben StRVill
9;
wil einer da heim verbliben, / schaffen sines huses ding, / das ist ein
verlegener getteling MinneR52
28;
die herren wâren alle komen, / von den ir ê habet vernomen, / die küenen
getelinge Bit
6309
u.ö.;
Rol
5714;
tumber getelinc Neidh
WL 35:6b,2;
WeistGr
1,366
(vor 1341)
getëlle
Adj., Adv.
‘angenehm, fein’
swele frowe wil han / frúnt in minre celle / die sol vil getelle / zuo minen
antwúrten / sich húbeslichen gúrten / lesen unde prisen MinneR302
160;
nû vârent al getelle [bleibt friedlich] !
HBirne
312;
der knappe was untræge, / [...]. / er tet niht als
manc bote tuot / der durh swache trâgheit / sich dicke an die ruowe leit / die wîle
er hât zerunge. / hie tet der knappe junge / niht alsô getelle
[gemächlich] . / mit manger verte snelle / fuor er hin
Reinfr
23621
getelle
stN.
‘Talsenke’ (vgl.
telle1
, zu tal):
Merremunt, dat dorf bit den luden inde bit me guͦde, als it gelegin is,
vnde nemeliche bit dem Ruͦsberge inde bit deme gedele vnde bit deme gebirge,
dat dar zuͦ gehorit UrkCorp (WMU)
N282,20
getelôs
Adj.
auch geit(e)los ( PrOberalt ), gettelos (
SHort ).
‘ungebunden, ungezügelt, zügellos, mutwillig’
petulans: getloser Gl
4:216,63
(BStK926);
der esel ist ein geiteloses und ein unreines vich
PrOberalt
165,18
u.ö.;
er sol fliehen in sîner iugende alle iunge friuntschaft unde
alle getelôse minne, diu in ze dehainer wîs gewirseren mugen TrudHL
61,19;
geteloser sin RvEWchr
21974;
Bîspel(Pf)
10,110;
si was diemüetic unde wîs, / [...] / ir lîp wart
getelôse nie / und huote sich vor sünden ie WvRh
221.
13485.
– subst.:
einen bœsen geist si sanden / in daz paradîse, / der chom geslichen lîse / zuo
der getelôsen Aneg
2833
getelôse
stswF.
auch getelse.
‘Zügellosigkeit, Mutwille’
daz ewig lieht daz uns Adames ungehorsam, Eve getlose verlorn
het, daz hat uns got wider geben PrOberalt
55,5;
PrHoff
69,3;
petulantia: getelose SummHeinr
2:424,01.11;
er wolde sich verbosen / mit denheiner getlosen
Wernh
A 302;
mit deheiner getlose ebd.
D 340;
wellents ir getelse niht vermîden, / sich mugen zwêne an mîner weibelruoten
[hier iron. für ‘Schwert’] wol versnîden
Neidh
WL 10:3,10;
Helbl
4,512
getelôsicheit
stF.
‘Zügellosigkeit’
gotes uorhte liebeter sere / den vriunden irbot er ere /
getelosicheit er virmeit Albert
149
getelôslîche
Adv.
‘ungezügelt, zügellos’
petulanter: getiloslihun Gl
2:605,47
(BStK637)
getelse
stF.
→
getelôse
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