entstôʒen
stV.
refl. ‘sich entziehen, abwenden’
ein kristen man, / [...] was
abtrunne worden / der tiutschen herren orden, / darinn er was gewahsen, /
[...]. / dô er sich den enstiez / und daz er heiden
wart, / dô wart er sô zart / den heiden allen gelîch, / daz er gewalticlich / wol
tûsent heiden phlac Ottok
50890
entstrîchen
stV.
‘entschlüpfen, entgehen’
die wile daz entstrichen / was dem kunge die wirde
Daniel
3838;
Matidiana vur also / und was der vlucht ummazen vro, / daz si der unvlat
entstreich Pass III
644,3
entstricken
swV.
1
‘etw. aufbinden, (los-, ab-)lösen’
2 übertr. 2.1
‘jmdn./etw. aus einer Verstrickung lösen’
2.2
‘jmdm. Zugang (zum Wissen, zur Deutung) erschließen, eröffnen’ mir Dat.d.P. und Akk.d.S. oder Obj.-Satz
1
‘etw. aufbinden, (los-, ab-)lösen’
von bluote wârn die riemen / sô herte daz si niemen / wol
entstricken mohte Wig
5336;
mit siner wolgestalten hant / entstrickt er des brieves sloz
WhvÖst
7529.
17799;
Parz
256,9.
44,4;
Wh
78,29;
von dem schawen würd enstricket / nymer platt an ainer pluͦm
Teichn
716,34.
– auch mit zusätzlichem Dat.d.P.:
den helm enstrictens ime zehant Tr
9402;
WolfdD
1102,1;
EckenlE2
176,7;
ich moht im nit entstriken / nach wirdi sin schuͦh rieman
SHort
2428
2
übertr.
2.1
‘jmdn./etw. aus einer Verstrickung lösen’
und wart entstricket der knote / zwischen uns heiden und
gote HeslApk
10339;
wie ich den knoden enquicke / und ouch den strît entstricke, / der sich sô
gar verwirret Erlös
722;
Liupoldes herzen swær / wurden da entstricket
WhvÖst
16275.
11397.
– auch mit zusätzlichem Dat.d.S.:
min vrawe diner riwen / kan dich noch entstricken
WhvÖst
11551.
– mit Akk. und präp. Erg.:
dû maht mich wol enstricken von slôzlîchen banden Tit
95,1;
swer sîn herze welle entstricken / ûz den sorgen, der
sol blicken / an diu reinen guoten wîp KvWLd
3,21.
– mit Refl.-Pron.:
sie welnt sich der minne entstricken KLD:
GvN
6: 5,9
2.2
‘jmdm. Zugang (zum Wissen, zur Deutung) erschließen, eröffnen’ mir Dat.d.P.
und Akk.d.S. oder Obj.-Satz:
daz künde ich iu ze tiute / mit rede kûme entstricken KvWTroj
32801;
mir hat Minne entstricket, / daz vrouwen zucht ir erbe si Frl
5:100,10.
7:38,1
entstrûchen
swV.
‘forttaumeln’ (hier übertr.):
dô man daz grap entlûchte, / dô enphuor und enstrûchte /
manigen siechen sîn gebreste Ottok
19513
entsüenen
swV.
‘entzweien’ (?) als Ggs. zu suenet (vgl. aber das Synonymenpaar
frechet unde kuenet):
er [der Pfennig] bindet unde enbindet. / er suenet
unde untsuenet. / er frechet unde kuenet Pfennig
15
entsunkenheit
stF.
‘Entrücktheit, Versunkenheit’
er neiswi ward verzuket in sich und úber sich selb, und in
entsunkenheit der sinnen ward in im suͤzeklich gesprochen also Seuse
90,19.
93,8
u.ö.
entsûvern
swV.
‘verunreinigen’
der von des wînes überkraft / sich zuo des swîns geselleschaft / mit allen
werken füeget, / entsûbert und entklüeget / sîn reinikeit und ouch sîn zuht
HvBer
4273;
sü hettent burnen vnd andere waszer entsüfert mit vergift ClosChr
104,7.
99,1.
399,6;
die edel mosse [d.i. mâʒe, vgl.
149,16: das ist des menschen gemuͤte (nach Lc
6,38)] do got so wunneklichen inne solte wonen, die ist also
entreint und entsúvert und also vol fules mistes das got dar in nút enmag
Tauler
149,19;
Seuse
277,10.
321,31
entsweben
swV.
1 tr. ‘jmdn./etw. zum Einschlafen bringen, entrücken’
2 intr. ‘einschlafen’
1
tr. ‘jmdn./etw. zum Einschlafen bringen, entrücken’
ie süezer und senfter videln er began: / do entswebte er an
den betten vil manegen sorgenden man NibB
1835,4;
das si [die Sirenen] noh ligen
indem mer / und [...] die lúte mit ir sange / und mit des
sangis suͤze entswebint, / das si ir lebins niht
entsebint [wahrnehmen] / und entslafent sazestunt
RvEWchr
26671;
TrudHL
30,14;
UvZLanz
7365.
–
der hailige adem entswebete ir
[Maria] den lichnamen / von den vuozen unze an den
wirbel [Haarwirbel, höchster Punkt des Kopfes]
AvaLJ
7,2;
JTit
5210,3(La.).
– mit Ersparung des Akk.:
du [Hl. Geist] entswebist unde wechist
Litan (M)
115
2
intr. ‘einschlafen’
ih slief unde entsuebet was PsWindb
3,5.
75,7;
vile sciere er intswebite Gen
839.
1239
entswellen
swV.
tr. ‘zum Abschwellen bringen’
er [der Stein] kan entswellen / libis vnd der sele
geswulst Martina
50,102.
– intr. (?) ‘abschwellen’ (hierher oder zum stV.?):
swâ der mensch geswollen ist, salbe er sih mit dem gîers
hirn, er enswellet als palde Barth
154,34
entswëllen
stV.
‘abschwellen’
legez ouf die geswulst: als palde entswillet si
Barth
144,6.
137,34
u.ö.;
vinde ich an Liupolt höveschen trôst, sô ist mir mîn muot entswollen
Walth
32,16
entswern
stV.
refl. ‘sich durch Schwur entlasten’
wirt ein mensci gubundin undi givangin mit duibi edir mit
roibi vur din richteri bracht, undi wirt da leidic gilaizin durch ovilei edir durch
beiti [wer sich durch Abgaben ( →
oblei, →
bëte 2 ) freikauft] , daz he sich da uz nicht insuerit,
[...], die is givrattit [übel beleumundet
(vreten)]
Mühlh
115,1.
–
‘jmdm. etw. durch einen falschen Schwur, Meineid vorenthalten’ (?) (vgl. Metam.
11,206 falsis periuria verbis):
do der koning Laomedon / in vntsagete iren lon / vnde begundez in vntswere
AlbvHalbB
94
entswîchen
stV.
‘jmdm. entweichen, ihn im Stich lassen’ mit Dat.d.P.:
daz im div chraft entswichen was, / daz chom da von, daz sein nas / ein wunden
het enphangen Krone
7502.
11947;
frou, iuch niht entswîch / zwâr iuwer frümcheit!
EnikWchr
15594;
swaz er dâ friunde moht gehaben, / die mant er flîziclichen,
/ daz si im iht entswichen, / des wær im ieze grôze nôt Ottok
15154.
61046;
EnikFb
1454.
– mit Dat.d.P. und Gen.d.S.:
ich dienstes iu niht entswîche EnikWchr
18558
u.ö.;
ich triuwen niht entswîch / dem vogt hie ûz Österlant!
EnikFb
1392;
Ottok
744;
kunic Ruodolf die boten hât / schône unde wirdiclichen, / ez
liez in nihtes entswîchen; / swes si einez wolden heben, / der wurden driu in
gegeben ebd.
13008.
– mit Dat.d.P. und präp. Erg.:
vnd wart sein varbe starch pleich, / wan im div chraft dar an
[durch die Verwundung] entsweich Krone
9921.
– phras. (?): ‘ohnmächtig werden’ (?):
Isengrin [l. Isengrine
] von dem blvte entsweich ReinFu
K,564
entswînen
stV.
‘entschwinden, abnehmen’
des [Paradieses] suͤzú fruht /
[...] dem menschin niht entzswein / ze fuͦre und ze
spise RvEWchr
272
entswingen
stV.
refl. ‘sich davon schwingen, davon machen’
im [Franziskus] wart vil sûre / die selbe wîle dâ,
wand er / walget in dem snê hin unde her, / unz er sich dâvon entswanc. / ûz der
gruobe er schiere spranc / unde schutte ab im den snê LvRegFr
913
en|tuon
V.
1
‘öffnen, auftun’
2
‘zunichte machen, vernichten’
3
‘jmdn. entschädigen’ mit Dat.d.P.
1
‘öffnen, auftun’
ích stûont ûf. daz íh mînemo uuíne intâte Will
80,1.
77,1.
81,2;
sancta Maria. / du bist ein beslozzeniu borte, / entaniu deme
gotes worte MarldM
58.
– refl.:
dir himil indedde sich scône Anno
41,4
2
‘zunichte machen, vernichten’
er liez aber dare gan. / ez was allez endan. / swaz sin swert
irgen berein Herb
10048.
6023
u.ö.;
wyr sullen sy mit groessem nyde / so vreislichen hye bestaen, / dat sy sullent
syn entdaen, / e sy sich sullen bewaren KarlGalie
12608.
2841;
DvAPatern
142.
– refl. ‘sich entäußern, sich vernichten’ (vgl. Anm.z.St.):
in dem, daz sich der mensche entuot, sô întuot er Kristum, got, sælicheit
und heilicheit Eckh
1:414,2.5.
– phras. (?) enttân wërden
‘erschrecken’
do Marselis dyt vernam, / dat Karlle also vele volck quam, / do wart hey
harde sere entain Karlmeinet
426,5.
536,65
3
‘jmdn. entschädigen’ mit Dat.d.P.:
jst, daz ein brennær brennet oder dehein ander schad geschiht von holtz, vnd
sich der, dem der schad geschiht, des schaden versieht, daz man im entuͤ,
[...], so soll der selb dem herren oder sinem rihter,
[...], den schaden fuͤr bringen UrkCorp (WMU)
1274AB,19
ent|ûʒenen
swV.
→
entiuʒen
entv-
s.a. enph-
entvâhære , enphâher
stM.
auch umgelautet entpheher.
‘Empfangender’
1 von Personen und Sachen 2 intellektuelles und spirituelles Erfassen, Aufnehmen
1
von Personen und Sachen:
sie [die Ordensmitglieder] sint ouch
von ubervluziger minne entphêhere der geste unde der pilgerîne unde der armen lûte
StatDtOrd
25,33;
daz Hilprant von Stilues [...] hat auf geben ain
voitaie [Vogtei]
[...] dem gotshause auf sand Gorien berge, vnd des bin ich
Willehalm, des selbes gotshauses diener, enpfaher gewesen UrkCorp (WMU)
2527,25;
enphaher vnd innemer UrkEnns
5,320
(a. 1322).
– zur Übers. von lat. susceptor
‘Beschützer’
du aber herre enphahær min bist ere min und erhohender hovbet min
PsM
3,4
u.ö.
2
intellektuelles und spirituelles Erfassen, Aufnehmen:
wîbe lôns enphâher Wh
411,4;
ein vollecomener enphaher himelscher vrŏden
DvAStaff
529
entvæhec , enphahec
Adj.
mit Gen. zur Übers. von lat. perceptivus
‘empfänglich für etw.’
doch hat des menschen sel die kraft all, das sy ist racionalis, das ist
erchennent das recht, das gut, das war vnd das nuͤcz vnd ist sein enphahig
KvMSel
117;
die sel [...] ist auch der götleichen
durchlewchtikait von dem ersten götleichem liecht enphähig mit lester emphahung
ebd.
134
entvæhelich , enphæhelich
Adj.
auch kontrahiert anpfellig, empfellig.
‘angenehm (aufzunehmen), wohlgefällig’
únserm herren ist enkain ding so empfellig so der gemain dienst PrGeorg
162,25;
daz ander ist daz aͤllú dinú wort und dinú werch got loblich sint und
anpfellig ebd.
298,18.
–
‘aufnahmebereit, -fähig’
der mennschen leibe, die da entpfählich sein essens unnd
trinnckens HvHürnh
28,4
|